Was ist rechts, was ist links ?
& wieso eine Demokratie den offenen Meinungsaustausch benötigt.
Mit dem Slogan „Omas gegen Rechts“ und groß angelegten Demonstrationen unter dem Motto „Gegen Rechts“ manifestiert sich ein markantes Phänomen in der aktuellen deutschen Politiklandschaft. Auf höchster politischer Ebene setzte sich das Konzept der „Brandmauer“ durch – eine künstlich errichtete Grenze, die darauf abzielt, rechte Parteien von der parlamentarischen Arbeit auszuschließen. In der Vorphase zur Bundestagswahl 2025 erreichen sowohl die mediale Polarisierung als auch die wachsende Radikalisierung gegenüber der politischen Rechten einen kritischen Höhepunkt.
Vor diesem Hintergrund widmet sich der vorliegende Text der zentralen Fragen: Was versteht man unter „links“? Was versteht man unter „rechts“? Und weshalb wird die rechte politische Bewegung als so problematisch wahrgenommen? Zudem wird herausgearbeitet, inwiefern die aktuellen Protestbewegungen in ihrer Radikalität am eigentlichen Ziel vorbeischießen und dadurch die demokratischen Grundfesten gefährden. Und was die Lösung für dieses Problem ist.
Historische Wurzeln und Evolution der Begriffe
Die Bezeichnungen „links“ und „rechts“ gehen auf die Sitzordnung in der französischen Nationalversammlung während der Französischen Revolution zurück. Während die Vertreter, die für tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen eintraten, sich links von der Präsidentenbank positionierten, fanden sich die konservativeren Kräfte rechts ein. Diese physische Aufteilung wurde zu einem Sinnbild für unterschiedliche politische Visionen: einerseits dem Drang nach radikalen Umbrüchen, andererseits der Bewahrung bestehender Ordnungen. Im Laufe der Zeit wurden diese Kategorien verfeinert, sodass sie heute ein breiteres Spektrum an Ideologien und politischen Positionen umfassen.
Politisch Links – Fortschritt, Gleichheit und kollektive Verantwortung
Politisch links wird häufig mit dem Streben nach sozialer Gerechtigkeit, Gleichheit und kollektiver Verantwortung assoziiert.
Vertreter linker Positionen fordern in der Regel:
Umverteilung von Ressourcen: Durch progressive Steuersysteme und Sozialprogramme soll wirtschaftliche Ungleichheit abgebaut werden. Der Staat spielt hier eine zentrale Rolle als Regulator und Förderer sozialer Sicherheit.
Staatliche Intervention: Linke Konzepte betonen, dass staatliche Eingriffe notwendig sind, um Marktversagen zu korrigieren und soziale Missstände zu beheben. Dabei kann es sich um Maßnahmen im Gesundheits- und Bildungsbereich oder in der Wohnungs- und Arbeitsmarktpolitik handeln.
Solidarität und Inklusion: Es geht darum, marginalisierte Gruppen zu unterstützen und gesellschaftliche Teilhabe für alle zu ermöglichen. Die Förderung von Minderheitenrechten, Gleichstellung ist dabei ein zentrales Anliegen.
Politisch Rechts – Tradition, Ordnung und individuelle Freiheit
Demgegenüber steht die politische Rechte, die in ihrer Ideologie häufig auf den Erhalt bestehender Strukturen, Traditionen und Hierarchien abzielt. Typische Merkmale rechter Positionen umfassen:
Wertschätzung von Tradition und Kultur: Politisch rechts betont oft die Bedeutung historisch gewachsener Institutionen und gesellschaftlicher Normen. Die Bewahrung kultureller Identität und nationaler Geschichte wird als Garant für gesellschaftliche Stabilität gesehen.
Marktwirtschaft und Individualismus: Im ökonomischen Bereich steht die Idee der freien Marktwirtschaft im Vordergrund. Die Betonung individueller Freiheit und Eigenverantwortung führt zu einer geringen staatlichen Intervention und einer stärkeren Rolle des privaten Sektors.
Sicherheits- und Ordnungsdenken: Für viele rechte Positionen ist die Wahrung der inneren Sicherheit ein zentrales Anliegen. Dies zeigt sich in Forderungen nach einer konsequenten Gesetzesanwendung und oft auch in restriktiven Maßnahmen gegenüber Einwanderung oder gesellschaftlichen Umbrüchen.
Nationalismus und Souveränität: Während es in der politischen Rechten unterschiedliche Strömungen gibt, neigen einige Gruppierungen dazu, nationale Interessen über internationale Kooperationen zu stellen. Der Begriff des Nationalstaats wird häufig mit einer gewissen Exklusivität und Abgrenzung gegenüber Globalisierungsprozessen verknüpft.
Medialer und öffentlicher Umgang:
Aus der bisherigen Analyse ergibt sich ein grundlegendes Verständnis der Begriffe „links“ und „rechts“. Wenn man diese Kategorien mit der medialen Berichterstattung abgleicht, stellt sich unweigerlich die Frage: Weshalb sollte sich der Einsatz für Sicherheit und Ordnung als für die Demokratie problematisch herausstellen ? Dabei zeigt sich, dass die Einordnung in links und rechts erst im Rahmen der Diskussion um ein konkretes politisches Thema relevant wird. Die Themen selbst sind zunächst politisch neutral; erst die darauf gegebenen Antworten werden in das Spektrum linker oder rechter Positionen eingeordnet.
Hierfür bedienen wir uns nun ein paar Beispiele, die als sog. rechte Themen gebrandmarkt werden. Es soll gezeigt werden, dass diese Themen politischer Natur sind, und weder links noch rechts sind. Ein „politisches Thema“ bezeichnet im Kern eine Fragestellung oder einen Aspekt gesellschaftlichen Lebens, der in den Bereich der öffentlichen Ordnung und des staatlichen Handelns fällt und somit politisch relevant ist. Politische Themen betreffen grundlegende Fragen der Machtverteilung, der Gesetzgebung, der staatlichen Organisation und der gesellschaftlichen Werte.
Migration als politisches Thema
Das Thema der Migration steht stellvertretend für das Problem mit „rechts“. Migration ist jedoch in erster Linie ein politisches Thema und damit weder links noch rechts. Denn Migration berührt zentrale gesellschaftliche Bereiche, die staatliches Handeln und politische Debatten erfordern.
Migration betrifft den Bereich der staatlichen Souveränität und ist daher regelungsbedürftig. Die Gestaltung von Ein- und Ausreisebestimmungen, Arbeitsgenehmigungen, Asylverfahren und Integrationsmaßnahmen liegt in der Verantwortung staatlicher Institutionen. Hier müssen in einem Rechtsstaat vordefinierte Gesetze existieren, die in einer Demokratie durch das Parlament bestimmt wurden.
Migration ist somit ein politisches Thema. Wie antwortet hierauf die politischen Seiten ?
Linke Perspektive auf Migration
Linke politische Akteure betonen häufig die humanitäre Verantwortung und die moralische Verpflichtung, Schutzsuchenden sowie Menschen aus Krisen- und Kriegsgebieten Zuflucht zu gewähren. Migration wird als Chance verstanden, internationale Solidarität zu praktizieren und globale Ungleichheiten aktiv zu bekämpfen.
Aus linker Sicht ist kulturelle Vielfalt ein wesentlicher Motor für gesellschaftlichen Fortschritt. Die Einwanderung wird als Bereicherung angesehen, die Innovation, kulturellen Austausch und ein vielfältigeres soziales Miteinander ermöglicht. Dabei stehen Integrationsmaßnahmen im Vordergrund, die allen Menschen gleiche Chancen und Teilhabe garantieren sollen.
Linke Positionen betonen, dass Migrationsbewegungen oft Symptome globaler sozialer, wirtschaftlicher und ökologischer Krisen sind. Daher sollte die Migrationspolitik nicht nur als rein nationales Sicherheits- oder Integrationsproblem verstanden werden, sondern als Teil einer größeren Debatte über globale Gerechtigkeit. Lösungen beinhalten häufig auch die Forderung nach einer gerechteren Verteilung von Ressourcen und der Überwindung von Ungleichheiten zwischen Staaten und innerhalb von Gesellschaften
Rechte Perspektive auf Migration
Rechte politische Akteure legen großen Wert auf die Wahrung der staatlichen Souveränität und betonen, dass kontrollierte und regulierte Migration wesentlich für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und nationalen Sicherheit ist. Es wird argumentiert, dass eine unkontrollierte Zuwanderung das soziale Gefüge und die nationale Identität gefährden kann.
Aus rechter Perspektive spielt die Frage der kulturellen Zugehörigkeit eine zentrale Rolle. Migration wird häufig mit der Befürchtung verbunden, dass die nationale Identität und traditionelle Werte unterminiert werden. Dies führt zu Forderungen nach einer strengeren Auswahl und Integration der Zuwanderer, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu sichern und Konflikte zu vermeiden.
Rechte Diskurse verknüpfen Migration oft auch mit wirtschaftlichen Argumenten: Es wird befürchtet, dass eine zu liberale Migrationspolitik den Arbeitsmarkt belastet, Lohnstandards untergräbt oder den Zugang zu sozialen Leistungen erschwert. Daher wird häufig eine restriktivere Politik gefordert, die die Zuwanderung auf bestimmte, vermeintlich „verträgliche“ Gruppen begrenzt, um die ökonomische Stabilität zu gewährleisten.
Lösung.
Wie sieht die Lösung auf das Thema Migration aus ? Meinungsfreiheit. Das zulassen des freien öffentlichen Diskurses kann alleine dafür sorgen, dass die richtigen Antworten auf politische Themen jeder Art gefunden werden. Die Unterscheidung links oder rechts ist dafür nicht aussagekräftig. Wichtig ist das stellen von offenen Fragen, die in einer Demokratie im Prozess der Meinungsbildung offen beantwortet werden. Hierbei gilt sich die Bedeutung der Meinungsfreiheit in Erinnerung zu rufen:
„Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ist als unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit in der Gesellschaft eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt. Für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung ist es schlechthin konstituierend, denn es ermöglicht erst die ständige geistige Auseinandersetzung, den Kampf der Meinungen, der ihr Lebenselement ist (BVerfGE 5, 85 [205]). Es ist in gewissem Sinn die Grundlage jeder Freiheit überhaupt.“ (BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 15. Januar 1958)
Und damit beantwortet sich auch die eingangs gestellte Prognose, dass diejenigen, die eine „Gegen Rechts“ Bewegung fördern, unterstützen und sogar politisch durchsetzen wollen, mit Ihren Mitteln radikale Positionen vertreten und damit das, was sie eigentlich bekämpfen wollen, selbst herbeiführen. Denn das systematische Ausschließen rechter Positionen aus dem politischen Diskurs birgt gravierende demokratische Risiken. Wenn „politische Rechts“ als ein No-Go deklariert wird, wird eine ganze Hälfte des Spektrums möglicher Antworten und Lösungsansätze absichtlich ausgeblendet. Dies hat mehrere problematische Konsequenzen:
Der Diskurs verarmt und wird einseitig. Eine funktionierende Demokratie lebt vom freien Austausch unterschiedlicher Perspektiven. Wird die rechte Sichtweise pauschal delegitimiert, entsteht ein einseitiger Diskurs, in dem wichtige Fragen – etwa zur kulturellen Identität, nationalen Souveränität oder sozialen Kohäsion – nicht in ihrer ganzen Bandbreite diskutiert werden können. Dadurch wird der öffentliche Diskurs künstlich eingeschränkt und die Komplexität gesellschaftlicher Herausforderungen unzureichend abgebildet.
Die Meinungsfreiheit wird beschnitten. Die Meinungsfreiheit bildet das Fundament einer demokratischen Gesellschaft. Wenn gewisse Positionen von vornherein als unzulässig erklärt werden, wird das Recht auf freie Meinungsäußerung verletzt. Jede politische Antwort, ob links oder rechts, sollte sich der öffentlichen Prüfung stellen dürfen. Das Ausschließen rechter Argumente stellt somit einen direkten Angriff auf den demokratischen Prinzipienpluralismus dar.
Die Entscheidungsgrundlage wird verzerrt. Politische Entscheidungsprozesse basieren auf der Auseinandersetzung mit einer Vielzahl von Standpunkten. Wird eine ganze Seite des Spektrums ignoriert, entstehen politische Entscheidungen, die nicht alle relevanten Interessen und Argumente berücksichtigen. Dies untergräbt nicht nur die Legitimation politischer Maßnahmen, sondern führt auch zu einer verzerrten Wahrnehmung gesellschaftlicher Probleme.
Fazit:
Wenn wir in einer liberalen Demokratie zu einer Lösung kommen wollen, so müssen wir als Gesellschaft die sich stellenden Fragen offen beantworten können. Das Thema Migration ist ein Beispiel, das zeigt, dass es in Deutschland Bewegungen gibt, die ein Gefährdungsrisiko für die Demokratie darstellt. Wenn sich bestimmte Gesetzte ändern sollen, dann muss diese aus einem Meinungsbildungsprozess heraus geschehen. Das Thema Migration zeigt auch, dass der Diskurs vollkommen pervertiert wird. Denn unabhängig davon, ob man sich auf dem Meinungsspektrum nun politisch links oder rechts verortet, sollte klar sein, dass z. B. illegale Migration illegal ist. Und daher abzulehnen ist. In einem demokratischen Rechtsstaat sind die durch demokratische Institutionen geschaffenen Gesetze Ausdruck des Volkswillen. Natürlich kann jeder die Meinung haben, das Fälle, die nach der derzeitigen Gesetzeslage illegal sind, legal sein sollten. Doch um diese Forderung durchzusetzen ist der einzige Weg die gesetzliche Struktur zu verändern, sodass die bisweilen „illegale Migration“ in jenem Fall infolge der Gesetzesänderung legal wird. Die Aussagen, dass illegale Migration zulässig sei, ist daher sowohl undemokratisch als auch verfassungsfeindlich. Es ist radikal.
Doch diese Unterscheidungen und Differenzierungen können nur innerhalb eines offenen und öffentlich geführten Diskurses aufkommen. Und hierfür gilt es für jeden Demokraten in Zeiten der medialen Polarisierung und politischen Entgleisungen aufzustehen und für die eigene Meinung aufzustehen - ohne Blockade. Denn unsere freiheitliche Gesellschaft gibt uns Individuen zwar die Freiheit, uns eine eigene Meinung zu bilden. Sie fordert uns aber gleichzeitig auf, mit dieser Meinung in den geistigen Kampf zu treten. Eine Meinung zu haben, ohne diese im Austausch mit anderen Meinungen zu überprüfen, braucht erst keine Meinungsfreiheit. Und damit keine freiheitliche demokratische Gesellschaft. Meinungsaustausch erfordert Disziplin, Geduld und Toleranz. Das Aushalten, die Toleranz gegenüber anderen Meinungen ist wohl das Schwerste daran. Insbesondere gegenüber Meinungen, die uns nicht gefallen, von Menschen, die uns nicht gefallen, braucht es Meinungsfreiheit. Schließlich ist es ein Kampf der Meinungen. Niemand hat gesagt, dass Demokratie leicht ist. Es kämpfen Argument gegen Argument. Perspektive gegen Perspektive.
Schöner Artikel, mutig gewähltes Beispiel, finde ich gut.
Ich würde den Aspekt stärker betonen, dass dieses eindimensionale links-rechts-Denken eigentlich auch überholt ist. So viele Aspekte, wie man findet (du nennst 3, bzw. 4), so viele Dimensionen müssten eigentlich aufgefächert werden. So wie der Mediennavigator die Achsen Geopolitisch (wie man zur NATO steht) und Politisch (konservativ vs. egalitär) aufspannt, könnte und müsste man dies eigentlich noch weiter ausdifferenzieren.
Wie das BSW zeigt, sind konservative und "progressive"/egalitäre Positionen relativ frei miteinander vereinbar. Und dies zeigt sich auch intrapersonal. Alle Menschen haben konservative Präferenzen, denn sie halten an bestimmten Werten und Traditionen gerne fest, bspw. dass man sich nicht gegenseitig einfach so umbringt, bestiehlt, belügt etc. Und alle haben etwas Progressives, denn sie wollen in der Regel nicht zurück ins 17. Jahrhundert, oder auch nur ins 19. Insofern ist meine Vermutung, dass diese Unterschiede eigentlich Oberflächenphänomene sind, und die Menschen untergründig verdammt ähnlich ticken: nämlich leider ziemlich egoistisch und intolerant. Daran müsste man arbeiten :)
Sehr klar und unaufgeregt geschrieben. Vielen Dank